Der Oberfränkische Jakobsweg
Meditation zur 3. Etappe: Marktschorgast – Bayreuth
Das Labyrinth als kon-zentrierter Pilger- und Lebensweg.
Als Mensch bin ich unterwegs auf meinem Lebensweg. Er hat einen Anfang und ein Ziel (nicht Ende!). Ich kann ihn nur einmal gehen.
Der Pilgerweg ist eine konzentrierte, eine verdichtete Form meines Lebensweges. Ihn kann ich öfter gehen. Auf dem kleinen Weg kann ich lernen für den großen Weg.
In vielen mittelalterlichen Kirchen, die das Ziel von Pilgerwegen waren, befand sich ein Labyrinth. Es war die letzte Wegstation, bevor man am Altar endgültig am Ziel des Weges war. Das Labyrinth ist ein Pilgerweg im Kleinen: alle Erfahrungen des Weges sind hier noch einmal räumlich und zeitlich verdichtet. Also: Hier ist doppelte Verdichtung, doppelte Konzentration!
Auf dem Vorplatz der Autobahnkirche in Himmelkron ist eine vergrößerte Nachbildung des Labyrinths von Chartres in den Boden eingelassen.
Das Labyrinth von Chartres
Die mittelalterlichen Kirchenlabyrinthe sind keine Irrgärten. Sie markieren einen eindeutigen Weg mit einem Anfang am Rand und einem Ziel in der Mitte. Man kann sich nicht verlaufen. Wie im Leben kommt man ganz gewiss ans Ziel – aber nicht auf dem schnellsten und einfachsten Weg.
Im Labyrinth von Chartres ist nach einer einzigen Wegbiegung das Ziel in der Mitte schon zum Greifen nah. Doch dann führt einen der Weg ganz an den Rand. Es ist, als ob man sein Ziel aus dem Blick verlieren würde. 28 mal wird einem Umkehr zugemutet. Geduld und Durchhaltevermögen sind gefordert: 18 Wendungen nach außen und 10 nach innen verleiten zum Aussteigen. Mehrfach umrundet man das Ziel, ohne ihm wirklich näher zu kommen. Noch dazu kommt man nach langem Umweg fast wieder an seinen Ausgangspunkt zurück, um nicht lange darauf ganz überraschend und unerwartet am Ziel zu sein.
Das Labyrinth ist ein Symbol meines Weges nach innen: Ich finde zur Mitte, zum Zentrum. Ich kon-zentriere mich.